Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin, sehr geehrte Mitglieder des Rates der Stadt Köln und seiner Ausschüsse, liebe Kölner,
die Hiobsbotschaften vom Kalkberg reißen nicht ab. Nun hat sich herausgestellt, dass die Haldensanierung (vorläufig) rund 5 Millionen Euro teurer wird (davon eine Million im nächsten Bauabschnitt), dass die bisher ausgeführten Arbeiten mangelhaft sind, so dass sich bereits der erste Bauabschnitt um 5 Monate verzögert und dass die Planung aller Bauabschnitte offenbar hochgradig mangelhaft ist:
Doch anstatt die Reißleine zu ziehen und die Halde so zu sanieren, wie man das normalerweise mit abrutschgefährdeten Halden tut, indem man sie nämlich stutzt und dabei abflacht, verfolgt die Stadt weiter ihre fragwürdigen Sanierungspläne (die sie dem beteiligten Bauausschuss gerade mal zwei Tage vor der Sitzung vorlegt):
https://ratsinformation.stadt-koeln.de/getfile.asp?id=595595&type=do&
Wir nehmen diese Nachrichten zum Anlass, gründlich zu analysieren, was hier eigentlich gespielt wird:
Die BI Kalkberg hatte sich mit der Sanierungsplanung bereits frühzeitig gründlich befasst und schon im Sommer 2016 erhebliche Bedenken angemeldet. Diese waren vom Gutachter jedoch vom Tisch gewischt worden. Unter anderem hatte die BI Kalkberg angeregt, eine Sanierungsvariante zu prüfen, bei der ein Teil der auf dem Kalkberg aufgetragenen 10 Meter dicken Deckschicht samt Hubschrauberstation abgetragen und zur Stabilisierung der abrutschgefährdeten Flanken verwendet würde. Eine äußerst naheliegende Sanierungsvariante, würden so doch erheblich Druck von der Halde genommen und gewaltige, eigens anzuliefernde Materialmengen gespart (siehe Abbildung Schnitt BBB im Anhang).
Diesem Vorschlag waren die Gutachter ein ums andere mal mit falschen Behauptungen begegnet: Zunächst hießt es, das Material, im Wesentlichen Bauschutt aus dem Abriss des CFK-Geländes, sei nicht ausreichend (falsch), dann hieß es, es habe nicht die nötige Scherkraft und als auch das mit den Aussagen ihres eigenen Gutachtens widerlegt werden konnte, wichen sie im Rat auf die nächste nachweislich falsche Behauptung aus: Sie sagten, die Abtragung der Kuppe, die für die Aussichtsplattform und den Lärmschutz aufgetragen worden war, hätte gezeigt, dass das Material zu inhomogen sei und unter anderem auch Kalkeinschlüsse enthalte.
Hierzu muss man wissen, dass die Kuppe für die Aussichtsplattform erst im Laufe der Arbeiten an der Hubschrauberstation aufgeschüttet wurde, und zwar zu großen Teilen aus dem Material, das beim Einschnitt der Straße in die Flanken des Berges anfiel. Es handelte sich also um völlig anders zusammengesetztes Material als dasjenige der 10 Meter dicken Deckschicht, die unter der (bereits wieder abgetragenen) Kuppe liegt und bereits in den 1990er Jahren aus dem Bauschutt der CFK aufgebracht worden war. Um die Notlüge der Gutachter zu entlarven, hätten die Ratsmitglieder aber in einer Tiefe mit den Details der Baustelle vertraut sein müssen, die von ihnen nicht zu erwarten war.
Angesichts der nun offenbar gewordenen erheblichen Mängel an der gesamten Sanierungsplanung stellt sich allerdings die Frage, warum man im Grundsatz weiter an einer Sanierung festhält, die nicht nur mangelhaft, sondern von Anfang an auf ein Ziel gerichtet war, dessen Fragwürdigkeit in sämtlichen Berichten der Gutachter attestiert wurde, nämlich die Erhaltung der Hubschrauberstation:
Immerhin brachte das Gutachten zutage, dass genau unter dieser Station eine bis zu 20 meter dicke Kalkschicht liegt, die so weich ist, dass der Bohrkern teilweise mehrere Meter tief nur durch sein Eigengewicht darin versank. „Bezogen auf dieses Schichtenpaket sind auf mehr als 100 Jahre hier noch signifikante größere Setzungen dauerhaft zu erwarten“, so das Gutachten (Blatt Nr. 4.422-G1/2016). Man beachte die Ansammlung warnender Worte: „100 Jahre“, „signifikant“,“größer“, „dauerhaft“. So etwas schreibt kein Gutachter, ohne es sich gut zu überlegen. Angesichts dieser und anderer Details erscheint die abschließende Beurteilung des Gutachtens, dass nach Abschluss der Sanierungsarbeiten die Hubschrauberstation problemlos in Betrieb genommen werden könne, doch recht offensichtlich als Gefälligkeitssatz für den Auftraggeber, die Feuerwehr. Ein Gefälligkeitssatz, mit dem der Gutachter sich im Übrigen elegant aus der Affäre zieht, denn er sagt lediglich, dass die Station „in Betrieb genommen werden“ und nicht, dass sie auf Dauer betrieben werden kann.
Nun haben sich die Urheber dieser Machenschaften auf den Berg (genauer gesagt in ihre Hubschrauberstation) oder in den Ruhestand zurück gezogen und überlassen die Drecksarbeit, nämlich die Haldensanierung, dem Amt für Brücken, Tunnel und Stadtbahnbau. Mit ihrer Sanierungsplanung im Eilverfahren haben sie den Zug zuvor auf eine Spur gesetzt, von der abzuweichen jetzt Mut und Weitsicht erfordern würde. Natürlich kann man den Kalkberg so oder so ähnlich sanieren, wie es jetzt geplant ist, aber es ist erstens (immernoch) viel teurer als die von der BI Kalkberg vorgeschlagene Variante samt Neubau einer Hubschrauberstation an anderer Stelle und es wird die Schmerzen, die die Hubschrauberstation bereitet, um Jahre, wenn nicht Jahrzehnte verlängern, ehe man dann doch irgendwann einmal zu dem Schluss kommen wird, dass sie nicht zu halten ist.
Der Leiter des Amts für Brücken, Tunnel und Stadtbahnbau, Gerd Neweling, ist dabei nicht zu beneiden: Erstens übernimmt er eine fehlerhafte Planung, deren Umsetzung schon begonnen hat. Und zweitens ist das alternative Szenario des Abrisses eines neuen Gebäudes höchst unangenehm, erst recht für jemanden, dessen Beruf das Bauen ist.
Handelten die Feuerwehr und der geschiedene Stadtdirektor noch im vollen Bewusstsein ihrer Manipulationen, so haben wir es bei den jetzt für die Haldensanierung Verantwortlichen jedoch wohl eher mit einem geistigen „blinden Fleck“ zu tun, der es ihnen unmöglich macht, die letztlich einzig richtige Entscheidung, den Abriss der Hubschrauberstation und eine Entlastung der Halde um 50.000 bis 70.000 Tonnen, in die Wege zu leiten und in die Tat umzusetzen (zum Vergleich: Der Abtrag der Kuppe, auf der sich die Aussichtsplattform befand, entlastete die Halde um 50.000 Tonnen Gewicht).
Daran, dass, trotz aller Beteuerungen der Nutzungsunabhängigkeit, das unausgesprochene Ziel der laufenden Sanierung die Inbetriebnahme der Hubschrauberstation ist, kann kaum noch ein Zweifel bestehen. Warum sonst liegt die vom Rat bereits vor über einem Jahr geforderte Prüfung von Alternativstandorten immer noch nicht vor? Wenn es stimmt, dass die hierfür ursprünglich vorgesehene Summe von 200.000 Euro von Guido Kahlen vor seinem Abgang noch aus dem Haushalt gestrichen wurde, so muss sich der Rat den Vorwurf gefallen lassen, dass der Mann ihn abermals und als lachender Letzter an der Nase herumgeführt hat.
So nähert sich also die vorläufige Inbetriebnahme eines Debakels, das uns noch Jahrzehnte beschäftigen wird. Noch wäre Zeit, die Reißleine zu ziehen. Die Gründe dafür sind vielfältig:
- Die erwiesene, massive Setzungsgefahr.
- Das unkalkulierbare Umweltrisiko: Immernoch weiß niemand, was im Kalkberg drin ist und welche Maßnahmen in den nächsten Jahrzehnten noch erforderlich werden, die auch den Betrieb der Hubschrauberstation beeinträchtigen oder unmöglich machen können.
- Die Kosten: Sie nähern sich 30 Millionen, wo einmal 2,5 Millionen als Vergleichswert von anderen Hubschrauberstationen angesetzt waren. Ja, die luxuriöse Station, die sich die Feuerwehr auf den Kalkberg gestellt hat, ist edel und trägt Züge eines Konferenzzentrums. Aber war es ihr Auftrag, sich so einen Palast hinzusetzen? Eine einfache, aber dafür solide Hubschrauberstation mit Hangar, Landeplattformen und Sozialräumen, wie sie andere Städte auch haben, würde selbst jetzt noch deutlich weniger kosten, als die unnötig teure Variante der Haldensanierung, die nur durch das (bewusste oder unbewusste) Ziel eines Erhalts der Kalkbergstation als unumgänglich erscheint (von den Folgekosten der permanenten Nachjustierung des absackenden Gebäudes ganz abgesehen). Der Spruch vom schlechten Geld, dem man kein gutes hinterherwerfen soll, trifft es hier wirklich präzise!
- Die Logik der kontinuierlichen Katastrophe: „Jetzt haben wir es im Griff“… „Nein jetzt“…“Na gut, jetzt aber“… „Diesmal aber wirklich!“…
Wie viele falsche Entwarnungen kann ein Beschluss, der in die Katastrophe führt, überleben? Der geschiedene Stadtdirektor und die Feuerwehr waren Meister dieser Salamitaktik. Nun ist es Zeit für einen Schnitt. Wer auch nur mit ein wenig Abstand auf die Geschehnisse der letzten Jahre zurück blickt, der wird über das Beharrungsvermögen am offensichtlich Falschen nur den Kopf schütteln können. Leider weist auch die neue Beschlussvorlage (siehe 4158_2016 im Anhang) Züge dieser Salamitaktik auf. - Der suboptimale Standort: Mittlerweile dürfte auch dem Letzten klar geworden sein (und die BI Kalkberg hat es nachgewiesen), dass dieser Standort inmitten dichter Wohngebiete niemals wirklich das Ergebnis einer unabhängigen Prüfung, sondern von Anfang an gesetzt war und dann durch eine manipulative Matrix nachträglich legitimiert wurde.
- Nicht zuletzt leidet auch die Demokratie, wenn absurde und undemokratisch zustande gekommene Fehlentscheidungen immer wieder mit dem Argument weiterverfolgt werden, dass man ja nun schon so viel investiert habe (Geld, Genehmigungsverfahren). Die Hubschrauberstation auf dem Kalkberg ist nicht die Oper, deren Sanierung nach einer breiten öffentlichen Diskussion beschlossen wurde, sondern der exklusive Wunsch einer kleinen, eingeschworenen Gruppe gewesen (u.a. die Herren Lechleuthner, Feyrer und Neuhoff sowie die GSE, später kam noch Herr Kahlen hinzu), die sie mit der Macht und dem Einfluss ihrer Positionen „durchgebracht“ haben.
Wir fordern die Politik deshalb abermals auf:
- Angesichts der neuerlichen Kostenexplosion erscheint die von der BI Kalkberg im Sommer 2016 vorgeschlagene Sanierungsvariante für die Halde aktueller denn je. Verlangen Sie eine unabhängige Prüfung und eine Kostenschätzung der von der BI Kalkberg vorgeschlagenen Sanierungsvariante. Ziehen Sie die Experten der BI Kalkberg hinzu, damit Sie nicht abermals übers Ohr gehauen werden!
- Bestehen Sie auf der Umsetzung des vor über einem Jahr gefassten Beschlusses zur Prüfung von Alternativstandorten!
Zuletzt noch eine Vervollständigung des jüngeren Pressespiegels:
http://www.rundschau-online.de/region/koeln/planung-im-verzug-sanierung-des-kalkbergs-wohl-erst-im-februar-25529264
http://www.rundschau-online.de/region/koeln/wegen-rundmail-nichtoeffentlicher-termin-auf-kalkberg-geplatzt-25303090
http://www.report-k.de/Politik-Nachrichten/Politik-Koeln/Freie-Waehler-fordern-Oeffentlichkeit-bei-Kalkberg-Veranstaltung-68768
http://www.rundschau-online.de/region/koeln/schadstoffe-erste-sanierungsphase-am-kalkberg-laeuft—neue-plaene-nach-der-sommerpause-24630124