Liebe Kölner, liebe Politiker, liebe Presse,
nachdem gestern der Bauausschuss die Feuerwehr und den Stadtdirektor mit kritischen Fragen zum Kalkberg gelöchert hat, tagt heute der Gesundheitsausschuss in gleicher Sache. Es sind entscheidende Tage, in denen die Weichen gestellt werden, ob der Wahnsinn dieser Baustelle weiterverfolgt oder die Reißleine gezogen wird. Aber eins nach dem anderen:
Im der gestrigen Sitzung des Bauausschusses bemühten sich der Stadtdirektor und die Feuerwehr, die Ausschussmitglieder von der Dringlichkeit eines Abtrags der Haldenkuppe zu überzeugen. Ihr Argument: „Gefahr im Verzug“. Als sie merkten, dass die Ausschussmitglieder skeptisch waren und nicht bereit, diesen 1,5 Mio Euro teuren Schritt ohne weiteres durchzuwinken, packten sie die Keule aus: Wenn die Kuppe nicht sofort abgetragen würde, drohe auf der Deponie ein Grundbruch. Eigenartigerweise ist im 2. Zwischenbericht des Gutachters, um den es bei der Sitzung ging, von der Gefahr eines Grundbruchs nicht die Rede. Ganz im Gegenteil wird hier die Gefahr einer akkuten und unmittelbar bevorstehenden Gefährdung der Halde explizit ausgeschlossen.
Auf Seite 4 des Zwischenbereichts heißt es unter Punkt B.2. Standsicherheit der Halde:
Bezüglich der derzeitigen Standsicherheit der Halde hatten wir bereits vorgetragen, dass es ggf. zu vereinzelten, örtlich begrenzten Austritten des Kalkmaterials aus den Böschungen kommen könnte, die bei Erdbebeneienwirkungen durchaus die Größenordnung von einigen Metern haben könnten. Wir gehen aber derzeit – bei ordnungsgemäß eingebauten Böschungen – keinesfalls von einem großflächigen Abrutschen ganzer Böschungen aus. Eine Gefährdung der Nachbarschaft sehen wir demzufolge nicht als gegeben.
Dass für die Stabilität der Halde in erster Linie eine Korrektur der Böschungen und nicht der Abtrag der Haldenkuppe wichtig ist, geht auch aus weiteren Passagen des Gutachtens hervor (das Dokument befindet sich im Anhang dieser mail).
Warum also diese spontane Dramatisierung der Gefahr für die Halde? Der Stadtdirektor und die Herren von der Feuerwehr spürten, dass sie mit ihrem Antrag auf schnelle Beseitigung der Kuppe unter dem pauschalen Vorwand der „Gefahr im Verzug“ nicht so einfach durchkommen würden. Stattdessen wurden sie von den Ausschussmitgliedern mit Fragen gelöchert und einige äußerten auch ihre grundsätzliche Skepsis gegenüber dem ganzen Projekt. Also zauberten der Stadtdirektor und der von der Feuerwehr bestellte Gutachter auf einmal die Gefahr des Grundbruchs aus dem Hut, wohl wissend, dass dann in Köln, nach dem Einsturz des Stadtarchivs, alle Alarmglocken läuten. Die eigentliche Absicht dahinter ist jedoch die Einleitung der Sanierungsmaßnahmen für die Hubschrauberstation und damit die Schaffung von Fakten, hinter die es kein Zurück geben soll.
Es wird immer deutlicher: Hier haben sich einige Herrschaften in ein Projekt verrannt, von dem sie meinen, es mit allen Mitteln und Tricks durchsetzen oder mit ihm untergehen zu müssen. Dazu passt die strikte Weigerung des Stadtdirektors, Alternativen zum Kalkberg vorzulegen ebenso wie seine haarsträubende Einschätzung, dass sogar mit dem Wissen von heute der Kalkberg bei der Erstellung der sogenannten Matrix in 2005 besser als alle anderen 42 (angeblich) geprüften Standorte abgeschnitten hätte (Herr Kahlen: Danke für diese deutlichen Worte bezüglich der Glaubwürdigkeit der Matrix!).
Angesichts der Tatsache, dass die Stadt am Kalkberg nun wohl auf den Sanierungskosten für den Hangar sitzen bleiben würde (falls sie diesen Weg einschlüge), da sie die Haldenkuppe ohne Rücksprache mit dem Bodengutachter aufschütten ließ (siehe Kommentar der Kölnischen Rundschau im Pressespiegel), wird die Suche nach Alternativen umso dringlicher. Wenn Herr Kahlen von 6 – 7 Mio. Euro Sanierungskosten spricht, darf davon ausgegangen werden, dass es am Ende 7 – 10 Mio. Euro werden. Für das Geld hättte man bei den alternativen Standorten „freie Auswahl“. Die entsprechende Ertüchtigung des Sportflugplatzes Kurtekotten z.B. würde lediglich 5,5 Mio Euro kosten (siehe Angebot des Luftsportclub Leverkusen im Anhang). Die üblichen Kostenfallen mögen auch bei diesen Standorten existieren, nicht aber die zahlreichen, von der Statik über die Umweltproblematik bis zu korrosiven Salzen im Boden reichenden Unwägbarkeiten des Kalkbergs.
Wenn der Standort Kalkberg aufgegeben würde, könnte die Haldensicherung zu einem späteren Zeitpunkt in Ruhe angegangen werden. Dann würde man allerdings wohl kaum die gesamten verseuchten Erdmassen mit 2500 (!) LKW-Ladungen vom Berg abfahren, aufwendig zwischenlagern und anschließend andernorts verbauen, sondern zumindest das Gros auf der gesamten oberen Ebene des Berges, incklusive der Fläche der Hubschrauberstation, verteilen, wodurch die Punktlast genommen und die Böschungswinkel unproblematisch würden. Auf diese Weise ließen sich auch bei der in jedem Falle notwendigen Haldensanierung hohe Beträge sparen.
Erlauben Sie uns zuletzt noch einen Hinweis in eigener Sache: Wir wissen, beinahe täglich mails in der gleichen Angelegenheit zu bekommen, ist nicht lustig. Aber dies sind dramatische Tage für Köln – nicht nur für Kalk und Buchforst. Denn an der Hubschrauberstation entscheidet sich, ob wir es uns weiterhin gefallen lassen wollen, dass manche Institutionen (wie seinerzeit die KVB beim U-Bahn-Bau und eben jetzt die Feuerwehr) quasi autonom und unkontrolliert Großprojekte steuern und gegen die Wand fahren oder ob wir unsere Verantwortung, ihnen auf die Finger zu schauen, wahrnehmen. Häufig sind es Bürgerinitiativen, die dies für die Stadtgesellschaft tun und früh vor Fehlentwicklungen warnen. Da sie sich dabei meistens auf ein Thema konzentrieren, können sie dort genauer hinsehen als die politischen Gremien, die sich mit einer kaum überschaubaren Vielzahl von Themen beschäftigen müssen. Gestehen Sie ihren engagierten Bürgern zu, gelegentlich auch zu nerven.
Mit den besten Grüßen,
für die BI Kalkberg
Boris Sieverts
Hier der aktuelle Pressespiegel:
http://www.rundschau-online.de/koeln/kommentar-zum-kalkberg-regress-ade,15185496,32722196.html
http://www.rundschau-online.de/koeln/hubschrauberstation-in-koeln-rettung-des-kalkbergs-kostet-bis-zu-sieben-millionen-euro,15185496,32722388.html
http://www.express.de/koeln/koelner-kalkberg-7-millionen-euro-zur-rettung-der-heli-station-23218254
http://www.ksta.de/kalk/sote-kalk-sanierung-der-rettungsstation-auf-dem,15187508,32721122.html
In den Links finden Sie außerdem einen offenen Brief des Runder Tisch Buchfoprst e.V. an die Oberbürgermeisterin.
01_zweiter-Zwischenbericht-Buero-Gruen.pdf
02_Angebot_Luftsportclub_Leverkusen.pdf
03_Runder-Tisch-Buchforst-eV-Brief-an-Henriette-Reker.pdf