Büro für Städtereisen

Stadtentwicklung

Gereonshof: Grüße vom Kalkberg

Liebe Kölner,

über die Privatisierung des Gereonshofs in der Kölner Innenstadt sowie deren Hintergründe und Folgen haben viele von Ihnen in den letzten Tagen wahrscheinlich gelesen und gehört:

https://www.ksta.de/koeln/fehler-der-politik-koelner-gereonshof-nur-noch-fuer-die-schoenen-und-reichen-zugaenglich–36820130

Auf ein paar interessante Details zur Entwicklung des Gerlingareals war vor einiger Zeit die BI Kalkberg bei ihren Recherchen sozusagen „en passant“ gestoßen. Denn als maßgeblicher Strippenzieher für den Wegzug der Hubschrauberstation vom Klinikum Merheim zeichnete als damaliger GAG-Vorstandssprecher der gleiche Burkhard von der Mühlen verantwortlich, der später zur Frankonia wechselte, die das Gerlingareal entwickelte.

Zur Person: Burkhard von der Mühlen (CDU) war in den 90ern einige Jahre Stadtdirektor in Köln (zum damaligen Dezernatszuschnitt siehe die Tabelle). Später wurde er dann Vorstandssprecher der GAG. In seine Zeit bei der GAG fielen auch die Bemühungen seines Parteikollegen Wolf Bietmann um eine Privatisierung der GAG, die (zum Glück) politisch scheiterte. In Burkhard von der Mühlens Zeit bei der GAG fielen ebenfalls die Bemühungen der GAG um einen Kauf des Gerlingareals (2006). Die GAG nahm von dem Geschäft jedoch Abstand, mit der Begründung, dass die (relativ) geringe bauliche Ausnutzung, die die Stadt auf dem Areal zulassen wollte, das Geschäft unrentabel macht. Von der Mühlen wechselte bald darauf von der GAG zur Frankonia, also genau zu jener Firma, die nach dem Ausscheiden der GAG den Zuschlag für das Gerlingareal bekommen hatte. Nun wurde auf einmal möglich, was der GAG verwehrt geblieben war: Die Stadt gestattete eine wesentlich höhere bauliche Ausnutzung des Areals als zunächst vorgesehen war. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt:

https://www.rundschau-online.de/von-der-muehlen-jetzt-bei-frankonia-11084516

Langjähriger Vorgesetzter von Burkhard von der Mühlen als Stadtdirektor war übrigens Oberstadtdirektor Lothar Ruschmeier (SPD). Genau jener Lothar Ruschmeier, der 1998 den städtischen Dienst quittierte, um zum Oppenheim-Esch-Fonds zu wechseln, mit dem er zuvor als Oberstadtdirektor so gute Geschäfte gemacht hatte (nicht zum Vorteil der Stadt, wie sich versteht).

Über das Wirken der GAG unter Burkhard von der Mühlen auf dem ehemaligen Madaus-Gelände in Nachbarschaft des Klinikum Merheim und die massive Einflussnahme der GAG-Tochter GBA im Verbund mit der ROTONDA 18 MERHEIM VERMÖGENSVERWALTUNG GmbH auf die Umzugsentscheidung für die Hubschrauberstation von Merheim auf den Kalkberg, hatten wir in einer längeren mail vom August 2019 hingewiesen (Betreff: „Neues vom Klüngelhügel“). Auch in Merheim lag der Teufel in einem städtebaulichen Vertrag, der unter Ausschluss der Öffentlichkeit zustande kam. Das Grundprinzip der privaten Bereicherung auf Kosten der Stadtgesellschaft ist in beiden Fällen das Gleiche. 

Wir glauben, dass gegen solche Machenschaften nur Transparenz hilft: Städtebauliche Verträge gehören für alle sichtbar ins Netz gestellt, genauso wie Kaufverträge für ehemalige Chemiedeponien zum Bau von Hubschrauberstationen und andere heikle Vorgänge. Und zwar sowohl vor als auch nach der Ratifizierung! Neben den tatsächlichen Vertragsinhalten würde dann nämlich auch erkennbar, wer für die Stadt diese Verträge eigentlich unterschreibt! Die relative Wehr- und leider auch naive Arglosigkeit der Politik hat das Beispiel Gereonshof einmal mehr veranschaulicht. Die Notwendigkeit einer wachsamen und kritischen Öffentlichkeit als ergänzende Instanz in der Stadtentwicklung wird immer offensichtlicher.

Im Fußball gibt es den Spruch: „Was zählt ist auf´m Platz“. Die von-der-Mühlens und Bietmanns dieser Welt wissen: „Was zählt ist vorm Notar! Wenn im Vertrag erst einmal das drinsteht, was ich brauche, dann kann mir sch…egal sein, was vorher in irgendwelchen Gremien besprochen wurde.“ Dass man als Bürger selbst dann noch oft genug das Nachsehen hat, wenn der städtebauliche Vertrag Klartext spricht und seine Inhalte bekannt sind, macht die Sache nicht hoffnungsvoller: Einklagen können die Vertragsinhalte nämlich nur die Vertragspartner. Als Bürger sind wir also darauf angewiesen, dass die Stadt Köln auch bereit und willens ist, die Vertragsinhalte notfalls juristisch durchzusetzen. Das geschieht oft genug nicht, sei es, weil die Stadt andere Sorgen hat oder weil es eine stillschweigende Übereinkunft zwischen den Vertragspartnern gibt, dass „Papier geduldig ist“.

Mit besten Grüßen
von der BI Kalkberg