Büro für Städtereisen

Kalkberg

Wichtige Informationen vor der Ratssitzung

Sehr geehrte Mitglieder des Kölner Rates und seiner Ausschüsse,
bei der Bürgerinformation zum Kalkberg am vergangenen Mittwoch und im Odysseum und in der anschließenden Reflektion kamen einige interessante Fakten zum Vorschein:

  1. Die vorgeschlagene Haldensanierung ist keinesfalls so nutzungsunabhängig, wie sie vorgibt. Die im Anhang befindliche Schnittzeichnung zeigt eine effektivere, sicherere und zugleich deutlich günstigere Sanierungsvariante, bei der die Hubschrauberstation allerdings aufgegeben werden müsste. Die Vorteile für die Halde an sich sind deutlich:
    1. Durch den Abtrag der oberen Haldenauflast wird die Halde massiv entlastet, so dass der auf den Böschungen lastende Innendruck nachlässt.
    2. Das abgetragene Material wird verwendet, um die Böschungen abzuflachen und zugleich die Abdeckung über den weichen Kalkschichten zu verstärken (wie in der Gutachtervariante)
    3.  Das Material zur Abdeckung und Abflachung der Böschungen muss nicht eigens angefahren werden, was eine hohe Kostenersparnis bedeutet.
    4. Durch die Entlastung kann unter Umständen auch die nötige Abflachung mit der entsprechenden Vergrößerung des Haldenfußes geringer ausfallen, was angesichts der knappen Grundstücksverhältnisse wünschenswert wäre. Ausserdem müsste weniger Erdreich bewegt werden, was abermals die Kosten senkt.

Die Kostenersparnis dürfte bei mehreren Mio. Euro liegen. Zusammen mit den 1,2 bis 1,9 Mio. Euro für die Hangarsanierung käme so in etwa jene Einsparung zusammen, für die man an anderer Stelle einen Neuanfang machen könnte, bei dem man nicht fürchten muss, in 5, 10 oder 20 Jahren vor denselben Problemen zu stehen wie jetzt.

Dass die Gutachter diese naheliegende Sanierungsvariante offenbar gar nicht in Betracht gezogen haben, wundert uns nicht.

Abbildung: Sanierungsvorschlag der BI Kalkberg auf zeichnerischer Grundlage Institut Roger Grün
Abbildung: Sanierungsvorschlag der BI Kalkberg auf zeichnerischer Grundlage Institut Roger Grün

2. Wir sind entsetzt, dass die Bohrkerne zur statischen Untersuchung des Kalkbergs nicht auf Umweltgifte untersucht wurden, und dies obwohl zwei der Bohrungen abgebrochen wurden, weil man auf offensichtliche Belastungen stieß, die man mit der Bohrung nicht ins Grundwasser eintreiben wollte sowie wegen Ausgasungen. Die bei der Bürgerinformation anwesende Leiterin des Umweltamtes, Frau Brammen-Petry, sagte, sie hätte diese Bohrkerne gerne gehabt, allein, sie seien ihr nicht zugänglich gemacht worden. Auf die Frage, wer Dies verhindert habe, sagte sie wörtlich: „Ich würde mal sagen, das war ein Kommunikationsproblem“. Des weiteren wurde festgestellt, dass die Proben zwar noch vorhanden, aber mittlerweile für die Gefahrenstoffanalyse unbrauchbar geworden sind. Wir finden den Vorgang ungeheuerlich und erwarten eine Untersuchung!

Hierzu und zu weiteren umweltrelevanten Fragestellungen zum Kalkberg siehe auch diesen Artikel in report-k:

http://www.report-k.de/Koeln-Nachrichten/Koeln-Nachrichten/Buergerversammlung-Kalkberg-Kein-Vertrauen-mehr-in-Stadtdirektor-Kahlen-60124

3. Das Gutachten ist in seiner Analyse der verheerenden statischen Situation gründlich. Umso überraschender fällt der Schlusssatz aus, nachdem „einer Inbetriebnahme der Hubschrauberstation nichts im Wege steht“. Wir sehen darin einen Gefälligkeitssatz, wie er auch schon am Ende des ersten und zweiten Zwischenberichts als überraschende Wendung nach einer verheerenden Lagebeschreibung auftauchte.

4. Über die Umweltsituation schweigt sich das Gutachten weitgehend aus. Die hierin schlummernden Gefahren für eine zukünftige Betreibbarkeit der Hubschrauberstation sind in die Schlussbeurteilung dementsprechend auch nicht eingeflossen.

5. Auf Seite 9 der Anlage 11.1 ist zu lesen, dass „insbesondere im Wechselbereich Kalkschlamm/Material aus der Rheinterrasse der Kalkschlamm extrem weich ist und sich hier bis heute nur sehr wenig verdichten konnte, d.h. bezogen insbesondere auf dieses Schichtenpaket, sind auf mehr als 100 Jahre hier noch signifikante größere Setzungen dauerhaft zu erwarten“.Wir fragen: Wie solllten sich diese Setzungen nicht auf auf den Hangar und/oder andere Teile der Hubschrauberstation auswirken. Die entsprechende Bohrung liegt in unmittelbarer Nachbarschaft der Station. Nicht nur eine massive Absenkung der Gebäude, sondern auch eine neuerliche Verkippung ist nicht auszuschließen, denn es ist nicht bekannt, wie großflächig homogen und damit in ihrem Setzungsverhalten gleichmäßig die besagte Bodenschicht ist.

6. Eine realistische Schlusseinschätzung des Gutachtens müsste deshalb lauten, dass „eine Betreibbarkeit der HBS nach Abschluss der Sanierungsarbeiten nicht ausgeschlossen werden kann sowie dass langfristig hierzu keine belastbaren Aussagen getroffen werden können.“

7. Gewundert haben wir uns auch über Punkt 1.5 „Überlassene Unterlagen“. Die Liste ist extrem unvollständig. Im Laufe der Jahre sind zum Kalkberg deutlich mehr Untersuchungen angefertigt worden und selbst die BI verfügt über mehr Gutachten, als hier offenbar zu Rate gezogen wurden. Insbesondere vermissen wir das Gutachten des TÜV aus dem Jahre 1995, in dem es u.a. heißt:“Dabei wurden Bauschutt, Bodenaushub, Schlacken, Formsande und vor allem Kalk, Kalkgranulat und Kalkschlämme erbohrt“ sowie „Die Auffüllungen der Kalkberge setzen sich zusammen aus Kalkschlamm, Kalkgranulat, Schlacken und Bauschutt.“ Des Weiteren vermissen wir das Sanierungskonzept der GSE aus dem Jahre 1999, in dem es u.a. heißt:“Seitdem erfolgten die Ablagerungen nach Auswertungen der Umwelt- und Baugrund Conslt (UBC, Umwelt- und Ingenieurgeologisches Gutachten zum Kalkberg 1; September 1997) zunächst in polderartigen Strukturen innerhalb eines kraterähnlichen Ringwalls. In den 50er bis 70er Jahren wurde die Kalkrückstandskippe in der heutigen Form aufgebaut“. Das oben in Klammern erwähnte Gutachten der UBC fehlt ebenfalls in der Auflistung der „überlassenen Unterlagen“, die ganze 3 Dokumente umfasst. Die oben zitierten Unterlagen liegen der Stadt seit ihrer Erstellung vor. Die Tatsache, dass sie den aktuellen Bodengutachtern nicht zur Verfügung gestellt wurden, macht uns stutzig. Sollte sich herausstellen, dass auch die vorbereitenden Bodenuntersuchungen für die HBS ohne Kenntnisgabe dieser Gutachten erstellt wurden, wäre wohl zumindest schon mal ein Grund für die damalige Fehleinschätzung als Baugrund gefunden und die Regresschancen der Stadt würden noch weiter sinken, als sie ohnehin schon sind.

8. Einig waren sich die BI und die Gutachter am Ende der Veranstaltung über die Dringlichkeit einer Sanierung. Deutlich wurde auch noch mal, dass diese Dringlichkeit durch die Baumaßnahmen deutlich verschärft wurde. Tim scheuch, Geologe und Pflanzenkenner, wies außerdem darauf hin, dass durch den Kahlschalg und das damit verbundene massenhaft Ausreissen von Wurzelwerk ebenso wie durch die Zerfurchung durch die Bagger zum Abtransport der Stämme, der Hang abermals stark destabilisiert wurde. Das dichte Wurzelwerk des Akazienbewuchses, das sich durch gleichzeitig flache und tiefe Verwurzelung auszeichnet, habe durchaus einen wichtigen Beitrag zur Stabilisierung der Hänge geleistet. Es ist verwunderlich, dass dieser Faktor in den Berechnungen zur Hangstabilität niemals auftaucht. Ebenfalls auffällig war, dass der Gutachter den Kahlschlag diesmal mit den anstehenden Sanierungsarbeiten begründete. Gegenüber dem Stadtrat und den Ausschüssen hatte er ihn mit der erforderlichen Untersuchung des Höhenprofils durch Drohnen begründet und die Vorbereitung von Sanierungsmaßnahmen, für die es eines Ratsbeschlusses bedurft hätte, bestritten. Die BI hatte von Anfang an vermutet, dass der Kahlschlag rechtzeitig vor Einsetzen der Vogelbrutzeit vorgenommen wurde, um im Falle eines Sanierungsbeschlusses schnell handlungsfähig zu sein. Da dies somit eine erste Sanierungshandlung darstellte, fiel der Kahlschlag sehr wohl unter das Moratorium, obwohl der Stadtdirektor dies immer bestritten hat.

9. Warum betrachtet der Gutachter „nur“ die mittlere Grundwasserhöhe und bezieht in sein Gutachten nicht die in Rheinnähe stark schwankenen Grundwasserspiegel als Risikoption mit ein?

10. Es bleibt festzuhalten, dass die Halde seit langem sanierungsbedürftig ist – und zwar aus Gründen, auf die die Bürgerinitiative bereits 2012 in einem Brief an die Bezirksregierung hingewiesen hat – und dass dieser Sanierungsbedarf durch sämtliche, auch jene bis in die jüngste Zeit reichenden Maßnahmen, nicht verringert, sondern erhöht wurde.

11. Wenn nun der Boden zur Abdeckung und Abflachung der Hänge über eine neu anzulegende Baustraße entlang ebenjenes Hanges, der so akut einsturzgefährdet ist, angeliefert werden soll, kann man nur sagen: „Der Wahnsinn hat Methode“.

12. Alle Sanierungsmaßnahmen zielen darauf ab, die Station auf dem Berg zu stabilisieren und als solches unberührt zu lassen. Selbst die für die Destabilisierung des Kalkbergs verantwortliche Zufahrtsstraße wird im Sanierungskonzept zurückgebaut und mit anderer Straßenführung neu gebaut, ohne dass aus sanierungstechnischer Sicht ein Grund für den Neubau erkennbar ist, denn hierfür wird eigens die o.g. neue Baustraße errichtet.

13. Womit wir wieder am Anfang dieses Berichts wären, dem „weißen Fleck“ in den Köpfen der Gutachter, die offenbar zu keinem Zeitpunkt eine Haldensanierung ohne Hubschrauberstaion in Betracht gezogen haben. Dazu bedarf es gar nicht böser Absicht. Vielmehr ist die unbewusste Voraussetzung bestimmtrer Gegebehnheiten der häufigste Grund für einseitige oder fehlerhafte Gutachterentscheidungen.

Fazit: Wir fordern Sie als Mitglieder des Rates und der Ausschüsse deshalb auf: Stimmen Sie der Beschlussvorlage zur Sanierung des Kalkbergs nicht bedingungslos in dieser Form zu, da

 

  1. ihre Planung nicht von Ihnen genehmigt wurde (dieser skandalöse Umstand wird auch durch die Dringlichkeit der Entscheidung nicht entschärft, denn sie hatten ja die Haldensanierung nicht grundsätzlich abgelehnt, sondern lediglich eine zeitnah vorzulegende Aufschlüsselung der Planungskosten verlangt!)
  2. die behauptete Nutzungsunabhängigkeit nicht erkennbar ist und sie deshalb nicht ausschließen können, dass sie einen Vorwand für die Fertigstellung der HBS darstellt, für die Sie einen Baustop verhängt haben.

Fordern Sie stattdessen die Vorlage einer Sanierungsvariante ohne Hubschrauberstation. „Alternativlosigkeit“ ist immer verdächtig und „nutzungsunabhängigkeit“ eine Fiktion. Auch eine Variante ohne HBS ist nicht nutzungsunabhängig. Stattdessen setzt sie den Verzicht auf die HBS voraus. Nur der Vergleich zwischen beiden Varianten würde eine echte Entscheidungsgrundlage darstellen.

Da in eine solche Entscheidung ein Kostenvergleich mit Standortalternativen einfließen muss, ist die vergleichende Standortmatrix dringender denn je.

Mit seinem Manöver, einerseits die Lage auf dem Kalkberg immer weiter zu verschlimmbessern und gleichzeitig eine Alternativenprüfung de facto zu verweigern, hat der Stadtdirektor Sie in eine beinahe ausweglose Situation gebracht:

  • Lehnen Sie die Vorlage ab, um zwischen Sanierungsvarianten wählen zu können, wird er mit der Dringlichkeit argumentieren, die keine weitere Planungszeit zulässt.
  • Nehmen Sie die Vorlage an, stimmen Sie damit womöglich, ohne es zu wollen, in der Konsequenz gegen das von Ihnen selber verhängte Moratorium.

Daher sehen wir nur zwei Möglichkeiten:

  • Entweder Sie nehmen das Risiko auf sich, einer Halde, die 40 Jahre lang stabil stand, zuzutrauen, noch so lange durchzuhalten, bis Ihnen zeitnah eine alternative Sanierung ohne Hubschrauberstation sowie eventuell ergänzend eine Kalkulation für die Alternativstandorte vorgelegt wird.
  • Wenn Ihnen das zu heikel ist – wofür wir nach den neuesten Mitteilungen Verständnis hätten – verbinden Sie die Zustimmung zur geplanten Haldensanierung mit der Verhängung des endgültigen Baustops und dem Beschluss zum Rückbau der HBS auf dem Kalkberg.

Sollten Sie sich für die zweite Variante entscheiden, werden die Kölner Bürger es Ihnen danken, nach dem Motto: „Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende“. Denn dass ein Projekt, das sich als immer „falscher“ heraus stellt, gleichzeitig in seiner Realisierung wieder wahrscheinlicher werden soll, das ist nicht mehr vermittelbar.

Oder anders gesagt: Wer will allen Ernstes eine Hubschrauberstation auf einer kontaminierten und instabilen Chemiedeponie, deren Sanierung schon allein den Preis von zwei bis drei „normalen“ Hubschrauberstaionen verschlingt, deren Ankauf von einer privaten Immobiliengesellschaft ein krasser Fehler war und deren Standsicherheit immer ein Risiko bleiben wird? Und wenn das kaum noch jemand will: Warum ist es dann so schwer, dieses Meinungsbild umzusetzen, das Ende der Station zu beschließen und alle Kraft in die Ertüchtigung einer Alternative zu investieren? Mit ihrer Doppelstrategie aus Haldenertüchtigung einerseits und Verweigerung von Alternativen andererseits, versuchen die Projektverantwortlichen, allen anderen an der Entscheidung Beteiligten, genau diesen Ausweg zu versperren. Für die Demokratie in der Stadt ist diese Sitiuation eine Katastrophe, denn sie untergräbt das Vertrauen in die demokratischen Institutionen. Wenn die Politik ihre Handlungsfähigkeit beweisen will, bleibt ihr nur noch ein Befreiungsschlag, indem sie das endgültige Aus für die Hubschrauberstation auf dem Kalkberg beschließt.